Allgemeines zu den Reptilien
Die für Deutschland einzigartige Vielfalt an Reptilien in den Donauleiten war einer der Hauptgründe für die Ausweisung des Naturschutzgebiets „Donauleiten von Passau bis Jochenstein“ im Jahre 1986.
Das Naturschutzgebiet beherbergt 7 von 10 in Bayern vorkommende Arten. 4 Eidechsenarten und 3 Schlangenarten sind hier heimisch: Östliche Smaragdeidechse (Lacerta viridis), Zauneidechse (Lacerta agilis), Mauereidechse (Podarcis muralis), Blindschleiche (Anguis fragilis), Äskulapnatter (Zamenis longissimus), Ringelnatter (Natrix natrix), Schlingnatter (Coronella austriaca).
Ganz besonders und für Deutschland einzigartig ist das gemeinsame (sympatrische) Vorkommen von Östlicher Smaragdeidechse und Äskulapnatter. Beide Arten sind in Deutschland extrem selten – im Süden und Südosten Europas sind sie häufiger. Vor allem die Äskulapnatter ist – anders als man vielleicht glauben mag – ein „Waldbewohner“. Sie nutzt die naturnahen Wälder der Donauleiten und sucht zum Sonnen Felsbereiche, Baumkronen oder Waldränder auf. Auch in Siedlungsnähe ist sie oft zu finden. Die Smaragdeidechse hingegen meidet Siedlungen und braucht offenere, besonnte Lebensräume. Aber auch sie bevorzugt deckungsreiche Flächen wie Waldränder oder verbuschte Hangflächen.
Die Mauereidechse ist die einizige Art in den Passauer Donauleiten, die nicht aus eigener Kraft hier hergefunden hat. Sie wurde wohl in den 1930er Jahren in Passau ausgesetzt und hat sich seither erfolgreich ausgebreitet und ist vermutlich die Reptilienart mit den meisten Individuen in den Donauleiten. Sie stellt keine Gefahr für andere Tiere dar. Ganz im Gegenteil – man kann annehmen, das die Schlingnatter, die bevorzugt andere Reptilien erbeutet, von der Mauereidechse profitiert.
Arten
Eidechsen
Lacerta viridis (Östliche Smaragdeidechse)*
Die Östliche Smaragdeidechse ist in Bayern und Deutschland sehr selten. Die zwei deutschen Populationen befinden sich in Südbrandenburg und im Passauer Donautal. Das Passauer Vorkommen hat Anschluss an die oberösterreichische Donautal-Population. Die Smaragdeidechse ist ein “Saumbewohner”, d. h. sie meidet zu offenes Gelände und bevorzugt kleinklimatisch günstige Randbereiche mit ausreichend Versteckmöglichkeiten. Dies sind beispielsweise strukturreiche Waldränder, Waldlichtungen, Blockhalden und in den Donauhängen gelegene, (halb-)offene/ verbuschte Hangflächen. Ihr Vorkommen in Mitteleuropa ist vor allem von den im Lebensraum herrschenden Temperaturen abhängig. Dies ist vor allem für die Gelege wichtig!
Zwar sind die Lebensräume der Smaragdeidechse vielfach vom Menschen beeinflusst (Bahndamm, Nieder- und Mittelwälder, Waldränder), jedoch scheut sie den Kontakt zu Menschen und ist selten in Siedlungen anzutreffen. Allenfalls in Siedlungsrandlagen (im Donautal u. a. Passau/Sulzsteg und Obernzell) ist die Art anzutreffen. Ein enormes Problem entsteht für die Eidechse durch Hauskatzen. Dies zeigt ein Beispiel aus Passau/ Sulzsteg, wo mit dem “Auszug” einer Hauskatze im Jahr 2019 die Smaragdeidechsen in den Siedlungsrandbereich zurückkehrten.
Ein seit 2005 laufendes Monitoring-Programm, welches im Auftrag des Landschaftspflegeverbands Passau e. V. durchgeführt wird, dokumentiert die Entwicklung der Passauer Smaragdeidechsen-Population. Seit Beginn der Aufzeichnungen sind keine zahlenmäßigen Veränderungen feststellbar.
Lacerta agilis (Zauneidechse)*
Die Zauneidechse ist in Bayern und Deutschland die häufigste der 5 heimischen Eidechsenarten. In den Donauleiten kommt sie, obwohl ihre Lebensraumansprüche vielerorts erfüllt sind, jedoch nur selten vor. Nachweise gibt es unter anderem aus den Bereichen Löwmühle/Kernmühle, Kohlbachmühle/Kohlbachtal, Grünau, Rambachtal. Vermutlich ist die Konkurrenz durch Smaragdeidechse und/oder Mauereidechse verantwortlich für das überwiegende Fehlen der Zauneidechse im Naturschutzgebiet.
Podarcis muralis nigriventris (Italienische Mauereidechse)*
Die in den Donauleiten vorkommenden Mauereidechsen wurden wahrscheinlich im Jahr 1932 erstmals in Passau ausgesetzt. Von Schulte et al. (2008) werden die hiesigen Tiere der Unterart Podarcis muralis nigriventris-II zugeordnet. Diese Unterart stammt ursprünglich von Nordhang des Apennin. Die Art ist sehr ausbreitungsstark und hat sich in den letzten ca. 90 Jahren von Passau aus an Inn und Donau entlang ausgebreitet. Die Mauereidechse benötigt sehr offene bis halboffene, thermisch begünstigte Lebensräume. Sie bewohnt u. a. den Bahndamm Passau-Obernzell, Felsbereich entlang der Donau, Hangflächen in den Donauleiten, Mauern am Inn in der Stadt Passau sowie Hausgärten.
Anguis fragilis (Blindschleiche)*
Die Blindschleiche ist durch ihre versteckte Lebensweise nur schwer nachzuweisen. Sie ist im Naturschutzgebiet mit Sicherheit eines der häufigsten Reptilien.
Schlangen
Zamenis longissimus (Äskulapnatter)*
Die Äskulapnatter hat ihren Verbreitungsschwerpunkt im europäischen Mittelmeerraum. In Deutschland kommt sie in 3 bzw. 5 isolierten Vorkommen vor. Diese sind im Neckar-Odenwald im Raum Hirschhorn, im Rheingau-Taunus in der Umgebung von Schlangenbad, im Passauer Donau- und Inntal bzw. am Unterer Inn, an der Unteren Salzach bei Burghausen und im Berchdesgardner Raum. In Österreich ist die Art weiter verbreitet.
Die Äskulapnatter ist vor allem in Südeuropa verbreitet. Sie kommt dort aber nicht in trocken-heißen Regionen vor. Sie bevorzugt warme und mäßig feuchte Klimate. Das Verbreitungsgebiet der Äskulapnatter zeigt im Süden, Westen und Osten deutliche Parallelen zur Ausdehnung sommergrüner Laubwälder. Diese widerrum sind von den Niederschlägen abhängig. Die Nordgrenze ihrer Verbreitung hängt wahrscheinlich von der Temperatur ab. Die Äskulapnatter ist als Waldart charakterisiert. Dies liegt vermutlich an den Möglichkeiten der Überwinterung und Reproduktion. Zur Eiablage benötigen die Tiere verrottendes organisches Material (u. a. Totholz, Laubansammlungen, mulmgefüllte Baumhöhlen).
Natrix natrix (Ringelnatter)*
Die Ringelnatter ist eine in Bayern häufige Schlangenart. Sie besiedelt bevorzugt feuchte Lebensräume wie Fluss- und Bachauen, Seen, Weiher und Feuchtgebiete. Sie ist aber, wie in den Donauleiten häufig, auch weit entfernt von geeigneten Gewässern anzutreffen. So kann sie immer wieder am Bahndamm Passau-Obernzell oder an Waldrändern im Raum Jochenstein gefunden werden.
Aktuell ist im Naturschutzgebiet und angrenzenden Bereichen ein Rückgang der Ringelnatter feststellbar (Aßmann u. Zoder mündl.). Die Ursache hierfür ist derzeit unbekannt.
Coronella austriaca (Schlingnatter)*
Die Schlingnatter ist eine in Bayern heimische aber (so weit bekannt) derzeit nur zerstreut vorkommende Schlangenart. Da sie sehr versteckt lebt, ist sie oft nur schwer nachzuweisen. Es ist zu vermuten, dass ihr Vorkommen von der Präsenz anderer Reptilienarten abhängig ist. Wie Untersuchungen zeigen, ernähren sich junge Schlingnattern ausschliesslich von anderen Reptilien. Adulte Schlingnattern sind hinsichtlich ihres Beutespektrums überwiegend opportunistisch.
Die Schlingnatter wird aufgrund ihrer Färbung und Zeichnung häufig mit der giftigen Kreuzotter verwechselt! Die Kreuzotter kommt (und kam nie) im Passauer Donautal vor! Sie kommt in Bayern zumeist in den Mittelgebirgsregionen, im Alpenvorland und im Nürnberger Raum vor.
[Natrix tesselata (Würfelnatter)*]
Die Würfelnatter ist eine eigentlich süd- und osteuropäisch verbreitete Schlangenart. In Deutschland gibt es kleine, isolierte Populationen an Mosel, Lahn und Nahe sowie Elbe. In Österreich, Tschechien und der Schweiz kommt die Art in wärmeren Landesteilen vor. Aus der Gegend um Linz in Oberösterreich gibt es seit einigen Jahren Meldungen der Würfelnatter mit Reproduktionsnachweisen (Distanz Passau-Linz ca. 65 km). Im Passauer Donautal gab es in den letzten 20 Jahren immer wieder vereinzelte Beobachtungen der Schlangenart. Seit 2021 besteht darüber Gewissheit, dass das Passauer Vorkommen reproduziert (Zoder eigene Beobachtung). Dies bestätigen wiederholte Funde von Jungtieren im Bereich Kachlet/Donauhof. Es ist anzunehmen, dass sich die Art entlang der Donau und ihrer Zuflüsse ausbreitet. Dies lassen Nachweise an verschiedenen Stellen der Donau und an der Gaißa vermuten. Weitere Beobachtungen gab es in Obernzell, Großen Kößlbachtal (OÖ), Kernmühle und im Stadtgebiet Passau (Racklau). Es wird vermutet, dass das Passauer Vorkommen auf das Aussetzen von Individuen aus der Terrarienhaltung zurückgeht. Es wird deshalb als allochthones Vorkommen gewertet.